Wenn die Psyche leidet

Titelseite: Wenn die Psyche leidet
Ausgabe 2024/02

Inhalt

Die Gequälten, die Wahnsinnigen und Außenseiter

Théodore Géricault machte das physische Leiden und die psychische Qual des Menschen zu einem bildwürdigen Thema.


  • Abbildung: Das Floß der Medusa, 1819, Öl auf Leinwand, 4,91 × 7,16 Meter, Louvre, Paris
  • Die Monomanin des NeidsAbbildung: Musée des Beaux Arts de Lyon, Lyon
  • Der Monomane des pathologischen StehlensAbbildung: Hugo Maertens Museum voor Schone Kunsten, Gent
  • Der Monomane des KindsraubsAbbildung: Michele and Donald D’Amour Museum of Fine Arts, Springfield, Massachusetts.
  • Die Monomanin des GlücksspielsAbbildung: Louvre, Paris
  • Der Monomane des militärischen GrößenwahnsAbbildung: Collection Reinhart, Winterthur
  • Théodore Géricault, porträtiert von Horace Vernet, 1822Abbildung: The Metropolitian Museum of Art, New York

Der Maler Théodore Géricault starb 1824 in Paris an einem Tumor der Wirbelsäule. Er wurde nur 32 Jahre alt. Dennoch gilt er als Begründer der romantischen Schule in Frankreich und als Pionier des Realismus. Géricault war aber auch ein Mensch, der der menschlichen Existenz auf den Grund gehen wollte. Er malte abgehackte Glieder, fertigte anatomische Skizzen an. Géricaults berühmtestes Bild ist »Das Floß der Medusa«. Mit dem fünf mal sieben Meter monumentalen Bild der auf einem Floß ihrem Schicksal überlassenen Soldaten und Matrosen der französischen Fregatte Medusa, vor der afrikanischen Küste havariert, hatte der Maler im Pariser Salon von 1819 einen Skandal verursacht. Es zeigt die leidenden Menschen auf engstem Raum. Sterbende Körper sind zu sehen, entblößte Gliedmaßen, Verzweiflung und Resignation zeichnen die Gesichter. Vor allem jedoch ist Géricault der erste Künstler, der Geisteskranke auf eine geradezu intime Weise porträtierte. Damals setzte sich gerade der Gedanke durch, dass Geisteskranke keine Tiere oder Bestien sind. Heute ist anerkannte Meinung, dass es sich um einen Irrweg handelte, was damals sowohl in der Gelehrtenrepublik als auch in der besseren Gesellschaft zu einem Modephänomen wurde, das Ablesen des Charakters aus körperlichen Zeichen. Man dachte ungefähr so: Die Psyche ist im Leib gefangen, prägt ihn aber so deutlich, dass die innere Beschaffenheit des Menschen an seinem Äußeren zu erkennen ist. Zwischen 1820 und 1824 porträtierte Géricault fünf Geisteskranke – »Monomanen« nach dem damaligen Sprachgebrauch. Sie stel­len je ein Krank­heits­bild dar. Er zeichnete seine Modelle mit ange­spann­ten Gesichts­zü­gen, leicht geöff­­ne­ten Mündern, star­ren Blicken und rot unter­lau­fe­nen Augen. Die Haut tönte er mit Schwe­fel­gelb und Grün, um das Leiden zu drama­ti­sie­ren. Doch das sind keine Karikaturen oder Sensationsstücke, sondern ergreifende und beunruhigende Bildnisse. Die Porträts wirken einfühl­sam, schei­nen keiner­lei Anspruch auf eine objek­tive Beob­ach­tung zu erhe­ben, respek­tie­ren das Indi­vi­duum. Der Betrach­ter ist nicht mit einem unbe­seel­ten »Geis­tes­kran­ken« konfron­tiert, sondern mit einem Menschen, der an einer Krank­heit leidet. Erst zu Beginn des 19. Jahr­hun­derts entwi­ckelte sich die Psych­ia­trie, der Begriff selbst tauchte ab 1842 auf. Die Reform­be­we­gung ging von England aus. Phil­an­thro­pi­sche Ärzte setz­ten sich dafür ein, den verhee­ren­den Umgang mit psychisch Kran­ken zu been­den. Nicht selten verbrach­ten diese ihr Leben in Gefäng­nis­sen, wurden von der Gesell­schaft ferngehal­ten, verwahrlos­ten. Es war der Beginn eines langen Weges hin zu huma­ne­ren Formen der Behand­lung...

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