Seit vielen Jahren wird in Deutschland und anderen Staaten kontrovers darüber diskutiert, ob die ärztliche Beihilfe zum Suizid rechtlich erlaubt werden sollte. Innerhalb der Philosophie fällt das Problem der Suizidbeihilfe, wie ich im Folgenden abkürzend für »ärztliche Beihilfe zum Suizid« sagen werde, in den Zuständigkeitsbereich der sogenannten Angewandten Ethik. Es ist kennzeichnend für diese Teildisziplin der Philosophie, dass sie allgemeine moralische Grundsätze, wie etwa das Prinzip der Selbstbestimmung, auf besondere, praktisch relevante Fragen bezieht. Bei der Anwendung, auf die sie abzielt, kann es sich allerdings nicht um eine einfache Ableitung einzelner moralischer Urteile aus allgemeinen moralischen Grundsätzen und empirischen Beschreibungen von Problemen handeln. Stattdessen ist jeweils in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren zu prüfen, wie und in welchem Maße allgemeingültige moralische Regeln in der Praxis umgesetzt werden sollten oder dürfen. Dabei müssen die Interessen aller Betroffenen, im Falle der Suizidbeihilfe also diejenigen der Patienten und der Ärzteschaft, berücksichtigt werden. Darüber hinaus darf nicht ausgeschlossen werden, dass verschiedene moralische Prinzipien für die Beurteilung einer Handlungsweise einschlägig sind und zu unterschiedlichen Bewertungen führen. Wenn dies so ist, dann müssen diese Prinzipien entweder in eine Rangfolge gebracht oder gegeneinander abgewogen werden. Schließlich muss geprüft werden, welche unerwünschten Risiken und Nebenwirkungen die rechtliche Neuregelung einer Handlungsweise haben könnte. Die »Anwendung« ethischer Grundsätze auf konkrete Probleme ist also ein komplexer Vorgang...
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