Die Bilder aus den zerstörten Städten der Ukraine oder von verzweifelt fliehenden Frauen und Kindern machen verschüttete Erinnerungen wieder lebendig. Alte Menschen erleben gerade die Rückkehr traumatischer Kindheitserlebnisse.
Sophia Hösen sieht wieder alles ganz genau vor sich. Wie sie nächtelang mit ihrer Mutter im Keller gekauert hat und bei jedem Einschlag das gesamte Fundament erschüttert wurde. Wie sie ineinander verschlungen am ganzen Körper gezittert haben, bis die Sirenen nach jedem Luftangriff Entwarnung gaben. Und wie sie dann geradezu erleichtert feststellten, dass nur Brandbomben, keine Sprengbomben abgefeuert wurden. Ihr Langzeitgedächtnis lässt die 96-Jährige nicht im Stich. Im Gegenteil. Mit einem Mal sind die längst weggeschobenen Erfahrungen, die sie als junges Mädchen mitten in Kölns Kriegswirren machen musste, wieder da. »Immer wenn Fliegeralarm war, sind wir Hals über Kopf aus dem dritten Stock die Treppe hinuntergerannt – mit ein paar wenigen Habseligkeiten für den Notfall, sollte uns über den Köpfen das ganze Haus weggebombt werden.« Woche für Woche hätten sie so ausgeharrt – zwischen Hoffen und Bangen. »Trotzdem musste ich am nächsten Morgen wieder in die Schule, mir meinen Weg durch die in der Nacht zerstörten Straßen bahnen«, berichtet die hochbetagte Frau. »Da hat niemand danach gefragt, ob man geschlafen hatte. Das war unser Alltag im Krieg: so zu tun, als ob das Leben nach jeder Schreckensnacht normal weiterginge. Irgendwann war ich davon so erschöpft, dass ich nicht einmal mehr die Sirenen gehört habe.«..
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