Das menschliche Dasein könnte so einfach sein, gäbe es darin nicht diese eine verwirrende Phase zwischen Uterus und Urne, die wir »Leben« nennen. Eben noch ein in der Fruchtblase sicher verwahrter Zellhaufen, bald schon Asche in einer Vase, zwingt uns dieses »Leben« dazu, ein paar Jahrzehnte lang unbehaust umherzuirren und uns dabei von allerlei widersprüchlichen Sinneswahrnehmungen plagen zu lassen, auf die wir irgendwie reagieren müssen. So anstrengend ist diese Phase, dass wir dazu neigen, uns eine Art Kokon zu konstruieren, der uns – halb Uterus, halb Urne – einerseits Sicherheit gibt, indem er uns von allem abschirmt, was uns weiter verwirren könnte, und uns damit andererseits schon auf die ewige Ereignislosigkeit des Totseins vorbereitet. Wie eine Matrjoschka-Figur umschließt uns dieser Kokon gewöhnlich gleich mit mehreren Hüllen: Familie, Freundeskreis, beruflicher Existenz, persönlichen Vorlieben sowie einer klaren Verortung in Zeit und Raum inklusive vertrauter Sprache und Umgangsformen. Für letzteres gibt es im deutschen Sprachraum sogar ein eigenes Wort: »Heimat«. Wie viele Schichten unser Kokon aber auch hat – jede einzelne ist eine Lüge...
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