Es war an einem schmutzig-trüben Winterabend, es muss 1993 oder 1994 gewesen sein. Vom Verlagshaus in Hamburg war die Bitte an mich herangetragen worden, ich solle mich um zwei ganz besondere Gäste kümmern, die sich zwei Tage in Dresden aufhalten würden. So traf ich im Weinzimmer des Italienischen Dörfchens Inge und Walter Jens. Er beschämte mich mit tiefgreifenden Kenntnisse über die Stadt, die doch seit 1990 meine neue Heimat war. Seine Frau, die meine Verlegenheit bemerkte, bremste ihn. Natürlich war mir Walter Jens als unendlich neugieriger und rascher Denker bekannt, als Aufklärer und engagierter Demokrat. Wir unterhielten uns über die Sitzblockaden vor dem amerikanischen Atomwaffendepot in Mutlangen, an denen er und seine Frau 1984 teilgenommen hatten, über den Prozess gegen ihn wegen Beihilfe zur Fahnenflucht, der 1990 gegen ihn angestrengt wurde, weil er zwei vor dem Golfkrieg desertierte US-Soldaten versteckte, auch über den mühsamen Weg, die Berliner Akademie der Künste mit der Akademie der Künste der DDR zusammenzuschließen, den er als (West-Berliner) Präsident nach anfänglicher Skepsis nun vorantrieb. Wir redeten also über Gott und die Welt, wie man landläufig so sagt. Aber über Sterbehilfe und Demenz redeten wir nicht. Warum auch?..
Sie lesen die Vorschau
Sie haben diese Ausgabe gekauft oder ein digitales Abo?
Dann melden Sie sich an, um den vollständigen Artikel zu lesen.
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Ausgabe {ausgabe}.