Sich dem Leben überlassen
Es ist nicht leicht in diesen Tagen, gelassen zu leben und sich nicht von Angstpredigern und Apokalyptikern auf der einen und Ratgebern für gelingendes Leben auf der anderen Seite nicht kirre machen zu lassen. Da kommt das kleine »Lob des Fatalismus«, das der Redakteur der Süddeutschen Zeitung, Matthias Drobinski, als Büchlein vorgelegt hat, gerade recht. Es ist – auch wenn es ausdrücklich kein Ratgeber sein möchte – ein gelassen und lebensmutig machendes Buch. Es ermuntert dazu, sich dem Leben zu überlassen, nicht immer das Perfekte anzustreben und auch mal seinen Frieden mit Dingen zu machen, die man eigentlich anders haben möchte. Drobinski entlarvt das Zerstörerische einer Lebenshaltung, die immer aus eigener Kraft der Unbill des Lebens zu entkommen trachtet. »Es macht krank und verrückt, sich jeden Tag auszudenken, was passieren könnte – und es macht stark selbst im Aussichtslosen, dagegen ein beherztes: na und? zu setzen.« Es geht darum, auch im Angesicht des Unglücks die Augenblicke des flüchtigen Glücks zu genießen. Dabei meint Drobinski mit Fatalismus nicht einfach eine Schicksalsergebenheit im Sinne gelähmter Passivität. Vielmehr ist er – wie der Humor – eine Lebensstrategie, um mit Rückschlägen und Unwägbaren umzugehen und dennoch das Leben zu feiern. Es gehe um ein Gleichgewicht zwischen Schicksalsergebung und Schicksalsgestaltung. Somit entlarvt er den Leitspruch »Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied« als unwahr. Denn niemand kann sein Leben ganz in der Hand haben und es aus eigenen Mitteln zum Glück führen. Das Glück zeigt sich vielmehr gerade dann, wenn auch mit Schattenseiten umgegangen werden kann und Rückschläge nicht alles einzutrüben vermögen. Drobinski plädiert dafür, »das Leben auf sich zukommen zu lassen, sich von Allmachts-, Kontroll- und Wahrsagephantasien zu befreien und davon, das Leben immer im Griff haben zu müssen.« Der richtig angewandte Fatalismus befreie »von der Pest der Glückssuche und dem Zwang zur Selbstoptimierung«. So gerät dieses Büchlein zu einer Lektion in Demut: das Leben anzunehmen, so wie es ist, und mit einem Augenzwinkern und einem Vertrauen das Beste daraus zu machen und das kleine Glück im Hier und Jetzt zu sehen und zu ergreifen...
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