Lange galt Schweden als Musterbeispiel für den modernen Wohlfahrtsstaat, der soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit vereint. Doch gerade Ältere und Menschen mit Behinderungen profitieren immer weniger davon. Die Schweden sehen das mit Sorge.
Auf gar keinen Fall möchte Thomas Juneborg falsch verstanden werden: »Menschen mit Behinderung haben es vergleichsweise sehr gut in Schweden«, betont er mehrmals. Juneborg, Vorsitzender des Jönköpinger Vereins: »Wir mit persönlicher Assistenz«, kurz VIMPA, schiebt sich im Rollstuhl allein mit der rechten Hand durch seine Dreizimmerwohnung. Der 37-Jährige weiß, dass er es noch gut getroffen hat. Er, der mit einem Hirnschaden auf die Welt kam, der seinen linken Arm überhaupt nicht und sein linkes Bein nur eingeschränkt bewegen kann. In seiner Heimat Schweden konnte er wie alle anderen Kinder auf eine Gesamtschule gehen, studieren. Heute lebt er weitestgehend selbstbestimmt, weil ihm rund um die Uhr einer seiner fünf persönlichen Assistenten zur Seite steht – eine Errungenschaft der schwedischen Assistenzreform von 1994. Dennoch sieht Juneborg mit Sorge, wie das Gesetz in den letzten Jahren zum Nachteil der Betroffenen verschärft wurde. Beispielsweise muss der Hilfebedarf eines Behinderten heute höher sein, wenn er mit staatlicher Unterstützung persönliche Assistenten anstellen will. Das hat dazu geführt, dass die staatliche Versicherungsbehörde försäkringskassan 2008 zum ersten Mal mehr Anträge auf persönliche Assistenz ablehnte als bewilligte. Und das, obwohl die bürgerlichkonservative Minderheitsregierung allen Bürgern des Landes verspricht, sie gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Manchen gelingt das nur zusammen mit Assistenten. Bis heute haben Menschen mit Behinderungen nicht die gleichen Aussichten auf dem schwedischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. ..
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